Geschichte
  • 0

Geschichte

Die ältesten überlieferten medizinischen Texte befassen sich mit dem Thema des Haarausfalls. Die babylonischen Tontafeln enthalten Beschwörungsformeln. Auf dem Papyrus Ebers aus dem 16. Jahrhundert v. Chr. finden sich die frühesten schriftlich dokumentierten Rezepte zur Behandlung von Haarausfall.

Hippokrates (um 400 v.Chr.) bemerkte, dass Eunuchen eine Unempfindlichkeit gegenüber dem Erblich bedingten Haarausfall aufweisen. Eine im Jahr 1960 veröffentlichte Studie kam zu dem Ergebnis, dass eine Kastration bzw. Orchiektomie hauptsächlich zur Vermeidung des Haarausfalls beiträgt, jedoch vorhandene Schäden an der Haarlinie nur teilweise und im Scheitelbereich nur in sehr geringem Umfang beheben kann. Hippokrates empfahl als Behandlungsmöglichkeiten für kahle Glatzen Kreuzkümmel, Taubenmist, geriebenen Rettich, Zwiebel, Mangold oder Nesseln.

Der römische Gelehrte Plinius der Ältere erwähnte in seiner Enzyklopädie “Naturalis historia” (77 n.Chr.) die Verwendung von Stiergalle mit Alaun als Mittel gegen kahle Stellen und die Asche des Geburtsgliedes eines Esels als Mittel zur Verdickung des Haares.

Seit Beginn des 18. Jahrhunderts sind Berichte über Transplantationen behaarter Gewebe bei Tieren und Menschen bekannt. Der deutsche Mediziner Johann Friedrich Dieffenbach veröffentlichte 1822 seine Dissertation, die als erste Arbeit zur Haartransplantation gilt.

1897 wurde in Istanbul von Dr. Menahem Hodara ein Militärarzt, der erste Versuch einer Haartransplantation durchgeführt. Hodara behandelte einige Patientinnen, die an einer mykotischen Infektion der Kopfhaut (Tinea capitis) litten. Der Arzt führte eine Gittermuster-Inzision durch und platzierte kurze Haarstücke, die mittels Schere zugeschnitten wurden, in den gebildeten Furchen (ohne die Haarfollikel). Er versorgte die Stellen mit einer Kompresse aus Papier und Gips. Nach einem vierwöchigen Intervall beobachtete er, dass einige der transplantierten Haare angefangen hatten, zu wachsen. Die wissenschaftliche Arbeit von Hodara, die in einer deutschen Fachpublikation veröffentlicht wurde, erhielt zunächst nur wenig Aufmerksamkeit von der Fachwelt, wurde jedoch später kontrovers diskutiert. (Aus der heutigen Sicht erscheint es unwahrscheinlich, dass seine Methode erfolgreich angewendet werden konnte.).

Die ersten ausführlichen Berichte von gelungenen Haartransplantationen stammten von einem japanischen Dermatologen und fielen ziemlich genau mit dem Beginn des 2. Weltkriegs zusammen. Die Ergebnisse, die Dr. Shoji Okuda 1939 in der japanischen dermatologischen Fachzeitschrift in japanischer Sprache veröffentlichte, wurden infolge anderer Sorgen (2. Weltkrieg) weitestgehend ignoriert. Im Jahre 1939 beschrieb Shōji Okuda erstmals die Durchschlagstechnik (Punchtechnik) in der Haarversetzung. Er nutzte kleine Transplantationsinstrumente (engl. punches), um Haarwurzeln in andere Bereiche der Kopfhaut, Augenbrauen und Schnurrbärte zu übertragen. Die übertragenen behaarten Hauttransplantate zeigten eine erfolgreiche Neubildung von Haaren in der neuen Position. Okuda sah die Anwendung seiner Technik jedoch ursprünglich nur bei Brandopfern vor, und nicht in Bezug auf den häufig auftretenden genetisch bedingten Haarausfall. Es wurde erst im Jahr 2004 eine handschriftliche englische Übersetzung der Arbeit in Amerika veröffentlicht. Die frühe internationale Anerkennung seiner 50-seitigen Publikation hätte möglicherweise den Fortschritt in der Haartransplantation beschleunigt.

In den 1960er Jahren erweiterte Norman Orentreich die Techniken erheblich. Dermatologen Dr. Norman Orentreich gelang es als Erster in der amerikanischen Forschungslandschaft, die Donor-Dominanz zu dokumentieren, welche die Erhaltung der Eigenschaften von Haarfollikeln nach einer Stanztransplantation belegt.

Manfred Lucas, ein Münchener Arzt, präsentierte 1986 auf dem VII. Internationalen Kongress für Dermatologische Chirurgie in London erstmals die Anwendung von Mini- bzw. Micrografts als flächendeckende Behandlungsmethode und trug so maßgeblich zur weltweiten Verbreitung des Verfahrens bei. Damit waren die Grundvoraussetzungen für die medizinische Haartransplantation geschaffen. Ab den 1980er Jahren wurden transplantierte Einheiten immer kleiner, von den Micro-Grafts bis zur Implantation von Follicular Units, die heutzutage bis zu 50 pro Quadratzentimeter Kopfhaut ermöglichen. Die Fortschritte in der Technik der Haartransplantation ermöglichten es, das Wachstumsmuster der Transplantate durch Berücksichtigung von Wuchswinkel und Orientierung zu verbessern. Heute ist es möglich, Ergebnisse mit einem hohen Grad an Natürlichkeit zu erzielen.

Masumi Inaba hat als Erster die Methode der Entnahme einzelner Haarfollikel beschrieben. Im Jahr 2002 wurde die Follikuläre Einheitsextraktion von William R. Rassman weiterentwickelt.

Minoxidil: Die erste wirksame medizinisch belegte Therapie zur Behandlung von Haarausfall. Minoxidil wurde ursprünglich zur Behandlung einer anderen Erkrankung eingesetzt, aber die Follikelstimulierung trat als unerwartete Nebenwirkung auf. Das Medikament hatte bereits eine Reihe von Versuchen und Tests durchlaufen. Upjohn (heute Teil von Pfizer) entwickelte den Wirkstoff in den späten 1950er Jahren zur Behandlung von Magengeschwüren, wobei sich im Tierexperiment keine Wirksamkeit bei dieser Indikation ergab, jedoch eine ausgeprägte gefäßerweiternde Wirkung zu beobachten war. Folglich wurde Minoxidil 1979 in den USA und 1982 in Deutschland als Medikament zur senkenden des Blutdrucks zugelassen. Eine im Rahmen des Zulassungsverfahrens durchgeführte klinische Studie ergab, dass unerwartetes Haarwachstum als Nebenwirkung der Behandlung auftrat. Amerikanische Dermatologen führten in den 1980er Jahren in einem off-label Gebrauch hunderttausenden von Patienten mit Haarausfall pulverisierte Minoxidil-Tabletten in Lotionen zur Anwendung. Im Jahr 1988 wurde Minoxidil in den USA als lokales Mittel zur Behandlung von Haarausfall unter dem Handelsnamen Rogaine zugelassen.

Finasterid: Die Wirksamkeit von Finasterid war in Teilen vergleichbar mit der von Minoxidil. Dieser Wirkstoff wurde zunächst für eine andere Anwendung verwendet, bevor er für diesen Einsatzbereich entdeckt wurde. Seit 1992 ist Finasterid unter dem Markennamen Proscar für die Behandlung benigner Prostatahyperplasien verfügbar. Die prophylaktische Wirksamkeit des Medikaments gegen Haarausfall war vorhersehbar. Es wurde beobachtet, dass Männer, deren 5-α-Reduktase-Enzym durch einen Defekt beeinträchtigt war, eine verminderte Prostata-Größe und völliges Fehlen des typischen männlichen Haarausfalls aufwiesen. Seit 1997 ist Finasterid als Behandlungsmöglichkeit gegen androgenetische Alopezie in den USA unter dem Markennamen Propecia zugelassen. Die deutsche Zulassung erfolgte 1999.

Add Comment

Your email address will not be published. Required fields are marked *